„Widerstand ist zwecklos!?“
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Im Gebäude der Tisa-Stiftung, auf dem ehemaligen Zechengelände Fürst Leopold, ist ein moderner Ausstellungsort mit bergbaugeschichtlichem Hintergrund entstanden. Er ist während unserer Öffnungszeiten jederzeit zugänglich für die Öffentlichkeit. Gezeigt werden thematisch wechselnde Ausstellungen der Kunstwerke Tisas und weiterer Künstler:innen. Gleichzeitig dient der Standort künftigen Tisa-Preisträger:innen und anderen Künstler:innen als Ausstellungsort und Arbeitsumgebung.
Die deutsche Nachkriegsgeschichte ist durch eine intensive Erinnerungskultur geprägt. Sie gilt deshalb auch als Indikator für eine offene und demokratische gesellschaftliche Entwicklung. Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) zeigt in Kooperation mit der Tisa-Stiftung und der Stadt Dorsten die Wanderausstellung MAHNENDE ERINNERUNG, Fotografien und Texte von Dieter Blase zu Mahn- und Gedenkorten in Nordrhein-Westfalen, ergänzt um Werke und Worte des Widerstands von Tisa von der Schulenburg.
Der kürzlich verstorbene Münsterländer Fotograf lenkt mit seinen Fotografien den Blick auf zahlreiche Erinnerungsorte in Nordrhein-Westfalen und „regt zum Nachdenken über die Gegenwart und Zukunft der Erinnerung an“. Die Kooperationsausstellung ist ab dem 27. Juli 2024 im Tisa-Archiv zu sehen und wandert danach durch vier weitere westfälische Museen.
Unter dem Motto „Erinnern, um zu mahnen“ entstanden so unterschiedliche Motive wie zum Beispiel Details des Wohnhauses der jüdischen Familie Humberg aus Hamminkeln-Dingden (Kreis Wesel), die Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung wurde, die Front eines zu einer modernen Wohnung umgebauten ehemaligen Munitionsbunkers in Twisteden (Kreis Kleve) oder die Europafahne auf dem Gelände des heutigen Internationalen Platzes Vogelsang IP im Kreis Euskirchen, einem Bauensemble aus der Zeit des Nationalsozialismus, das als sogenannte „Ordensburg“ der Schulung des Nachwuchses der NSDAP diente.
Die im Stil der Neuen Sachlichkeit gehaltenen Bilder interessieren sich für Details und Strukturen und werfen einen nüchternen Blick auf die Gegenwart der Erinnerungsorte. Gerade dadurch schaffen sie einen Kontrast zu dem oft schrecklichen historischen Geschehen. Die Betrachtenden sind eingeladen, diesem Blick zu folgen und den eigenen Umgang mit der Vergangenheit kritisch zu hinterfragen. Auch der Künstler ist den Erinnerungsorten nicht neutral gegenübergetreten. Seine persönlichen Reflexionen, Gedanken, subjektiven Einordnungen und Assoziationen hat er als begleitende Texte für die Ausstellung festgehalten. Diese Texte verdeutlichen die besondere Perspektive und den Blick des Fotografen.
Tisa von der Schulenburg war nicht nur eine herausragende Künstlerin und Ordensschwester, sondern widmete ihr Werk als künstlerisch engagierte Aktivistin vor allem den Armen, Kranken und Leidenden. Geboren in eine adelige, dem NS-Regime zugewandte Familie, absolvierte sie als Elisabeth Gräfin von der Schulenburg ein Kunststudium in Berlin. Hier lernte sie Ihren späteren jüdischen Ehemann Fritz Hess kennen, in dessen Haus u.a. Brecht, Remarque, die beiden Zweigs, Heinrich Mann und Zuckmayer verkehrten.
1934 emigrierte sie nach England und ihr bisheriges Leben nahm eine entscheidende Wendung. Sie schloss sie sich der antifaschistischen Künstlergruppe Artists International Association an, die sich unter anderem dafür einsetzte, die Kluft zwischen Arbeitern und Künstlern zu verringern. Besonders prägend war Tisas Begegnung mit dem Bildhauer Henry Moore, der ihr künstlerisch wertvolle Anregungen gab und sie dazu brachte, ihre eigenen Grenzen zu erkennen. Diese Selbsterkenntnis führte sie zu einem radikalen Entschluss:
„Der mittelmäßige Künstler soll sich zerschmettern lassen.
Sich einsetzen, sich aufgeben. Sprungbrett sein für andere.“
Zeitlebens war Ihr künstlerisches Schaffen von einem tiefen sozialen Engagement geprägt. Tisa dokumentierte das Leid der Bergarbeiter, die Massenarbeitslosigkeit, die Judenverfolgung unter Hitler und das Schicksal der Unterdrückten und Verfolgten weltweit. Der 20. Juli als Symbol eines gescheiterten Kampfes gegen Unterdrückung, Massenmord und Krieg und der Tod ihres geliebten Bruders „Fritzi“ werden Tisas Leben und ihre Kunst fortan tief beeinflussen. Ihre Werke machen das Leid der Menschen nahbar und präsent, sodass es auch für nachfolgende Generationen nicht in Vergessenheit gerät. Tisa lebte und arbeitete viele Jahrzehnte im Dorstener Ursulinenkloster, wo sie ihr Werk schuf, welches in seiner Sammlung im Tisa-Archiv bewahrt wird. Ihre Kunst und ihre Botschaft sind heute aktueller denn je und erinnern uns daran, den Mut zu haben, solidarisch zu sein und gegen das Unrecht zu sprechen.
Tisa war und ist Widerstand, ihr Werk bildet eine thematische und künstlerische Kongruenz zu den Fotografien von Dieter Blase und dessen Begleittexten. Mit der ergänzenden Ausstellung wenden wir uns solchen Zeichnungen, Skulpturen und Dokumenten zu, die eben diese Themen umfassen und eine Brücke der Erinnerung, des Innehaltens zwischen der Vergangenheit und Gegenwart schlagen.
Die Ausstellung ist ab dem 27. Juli 2024 bis einschließlich Sonntag,
22. September 2024 im Tisa-Archiv zu sehen.
Öffnungszeiten:
donnerstags & freitags 14:00 – 18:00 Uhr,
samstags & sonntags 10:00 – 14:00 Uhr
Besuche und Führungen können auch individuell nach vorheriger Terminabsprache vereinbart werden. Kontakt für Anfragen: telefonisch unter 02362-6057860 oder per Mail.
Der kürzlich verstorbene Münsterländer Fotograf lenkt mit seinen Fotografien den Blick auf zahlreiche Erinnerungsorte in Nordrhein-Westfalen und „regt zum Nachdenken über die Gegenwart und Zukunft der Erinnerung an“. Die Kooperationsausstellung ist ab dem 27. Juli 2024 im Tisa-Archiv zu sehen.
Katharina Reich wurde 1987 in Tjumen, Westsibirien geboren und siedelte 1996 nach Deutschland um. Sie studierte von 2012 bis 2016 bildende Kunst an der Kunsthochschule Kassel bei Prof. Norbert Rademacher. Ihre Werke basieren auf verschiedenen Materialsammlungen und Werken, die sie zusammengetragen oder von anderen übernommen hat.
Tisa von der Schulenburg begleitete schon zu Lebzeiten viele Kinder und Jugendliche als Kunstlehrerin am Dorstener Gymnasium St. Ursula. Aber auch an der St. Ursula-Realschule sind das Leben und Werk Schwester Paulas überall gegenwärtig. Zum Jubiläum entstand die Idee, den Geburtstag mit einer besonderen Ausstellung zu feiern.
„Man kann überall Weltbürger sein, wenn man nur lernt, sich seiner Zeit zu öffnen.“
Aktuelle Meldungen zu Ausstellungen, Veranstaltungen und über die Initiative der Tisa von der Schulenburg-Stiftung.