Tisa-Preis 2017
Johanna Tiedtke

 

Um für das Unausgesprochene eine künstlerische Sprache zu finden und so die Sprachlosigkeit zu überwinden durchbricht Johanna Tiedtke die Grenzen künstlerischer Muster. Sie kommt aus der Malerei, aber die Verwendung unterschiedlicher Materialien, Mischtechniken, der Nutzung von Fotografie und Computer und vieles mehr sucht nach immer neuen Ausdrucksmöglichkeiten.

 

Die Arbeiten von Johanna Tiedtke können nicht mit flüchtiger Betrachtung erfasst werden. Sehen bedeutet hier ein genaues Lesen und Reflektieren. Nicht nur das Abbild auch der Schaffensprozess mit allen intellektuellen und technischen Überlegungen und Arbeitsgängen ist erkenn- und erfahrbar. Der Betrachter ist gefordert, um das ganze Bild zu „lesen“.

 

Text: Kerstin Löhmann, RAG-Aktiengesellschaft

Tisa-Preis 2017

07. Preisträgerin

 

Johanna Tiedtke

1981 geboren in Eckernförde

 

2011 Projektstipendium, Karl H. Ditze Stiftung, Hamburg

 

2012 Projektstipendium, Rudolf Augstein Stiftung, Hamburg

 

2012 Fleetstreet Residency. (with Tammo Winkler), Fleetstreet Theater, Hamburg

 

2012 Diplom, Hochschule für bildende Künste (HfbK), Hamburg

 

2013 One-year graduate scholarship, German Academic Exchange Service (DAAD)

 

2013 – 2015 MFA scholarship and fellowship, Bard College, Annandale-on-Hudson, NY

 

2015 Projektstipendium, Consulate General of the Federal Republic of Germany,
New York Travel Award, Kulturstiftung Schleswig-Holstein

 

2016 MFA, Milton Avery Graduate School of the Arts, Bard College, NY

 

2016 Artist in Residence. (with Bernd Klug), Institute For Electronic Arts, Alfred University, NY

 

2016 – 2018 Studio Program, Elizabeth Foundation for the Arts, NYC

 

2017 Kunstpreis, Tisa von der Schulenburg-Stiftung
Projektstipendium Heitland Foundation, Celle

 

2018 Projektstipendium, Hamburgische Kulturstiftung, 6-months scholarship,
German Academic Exchange Service (DAAD)

 

2019 Rema Hort Mann Foundation Emerging Artist Grant Nominee, NYC ArsVersa scholarship, Freiburg

 

2019 – 2020 6-months scholarship, German Academic Exchange Service (DAAD)

 

2020 Arbeitsstipendium, Stiftung Kunstfonds, Bonn

 

2021 Projektstipendium, Spiegelberger Stiftung, Hamburg Hauptstadtkulturfonds, Berlin

 

2022 NEUSTART KULTUR Stipendium, Stiftung Kunstfonds, Bonn,
Berliner Projektfonds Kulturelle Bildung

 

2023 Projektstipendium, Krull Stiftung, Berlin

 

2023 Projektstipendium, Villa Romana and Foundation Lisio, Florence, Italy (IT)

 

 

Jury 2017

 

Dr. Hans-Jürgen Schwalm, Kunsthalle Recklinghausen

 

Dr. Susanne Meyer-Büser, Stiftung Kunstsammlung NRW

 

Joanna Schulte, Tisa-Preisträgerin 2010

 

Marius Babias, Neuer Berliner Kunstverein

 

Dr. Rüdiger Fenne, Stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Tisa-Stiftung

„Wie ein Traum, der im Nebel der Erinnerung verloren geht“

 

Johanna Tiedtke will etwas zeigen, was verschwunden ist oder im Verschwinden begriffen ist und sie will es als solches zeigen, in diesem Übergang von der Sichtbarkeit in die Nichtsichtbarkeit. Grundlage ihrer Arbeit ist eine intensive Aufnahme der Erscheinungen unserer Welt, der geschichtlichen Relikte und ihrer Zusammenhänge. Und so sind die Bilder von Johanna Tiedtke – wie ein Traum, der im Nebel der Erinnerung verloren geht. Und doch will sie es bewahren in den Schichten ihrer Bilder.

 

Die Motive entstammen Fotografien von ihren Reisen und Museumsbesuchen, Zeichnungen und Skizzen. Diese wiederum werden im Computer collagiert und auf die Holztafel gedruckt. Das Verfahren nennt sich „UV-Druck“, ein industrielles Verfahren, bei dem die Farbe des Druckers in den Bildgrund gleichsam eingebrannt wird.

 

Schließlich greift sie manuell in das gedruckte Bild ein. Zum einen akzentuiert sie einzelne Momente, indem sie malerisch eingreift und zum anderen nimmt sie, wie bei einem Holzschnitt, Teile aus der Holzoberfläche heraus. So entsteht, wenn auch minimal, eine Reliefoberfläche, gebildet durch die Erhöhung des Malmaterials und den Leer- und Hohlräumen der herausgenommenen Stellen.

Aus der Serie „Käthe VII“ ©2016, Katalog Hannah Burow
Ausstellung „Hannah“ ©2021, Tisa von der Schulenburg-S^Rung

Dies wird man kaum bewusst realisieren, aber doch im Bildganzen spüren. Das Bild ist damit nicht nur Erscheinung, sondern zugleich von großer geradezu haptischer Präsenz und Unmittelbarkeit. So entsteht nicht nur im Motivischen und im Erzählerischen eine hohe Komplexität, sondern ebenso im Formalen und im Technischen. Dies vereinigt sich zu einer ganzheitlichen Bilderfahrung von hoher Folgerichtigkeit, aber zu einer Bildstimmung des Arkadischen – wie verborgen, gebrochen und verletzt auch immer.

 

Text: Prof. Dr. Ferdinand Ullrich, Laudator