1964 geboren in Ulm
1985 – 1990 Kommunikationsdesign, Fachhochschule für Gestaltung Darmstadt
1990 – 1995 Studium an der Hochschule der Künste Berlin bei Prof. Rebecca Horn
1996 Meisterschülerin bei Prof. Rebecca Horn
1996 DAAD-Stipendium Paris
1997 KUNSTFOND e.V. Bonn
1998 Kunststiftung Baden-Württemberg
2001 – 2002 P.S.1-Stipendium, New York City
2003 Christian Karl Schmidt Förderpreis für zeitgenössische Kunst
2004 Kunstpreis, Tisa von der Schulenburg-Stiftung
Seit 2007 Professur für Installation in der Fachgruppe Kunst an der
Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart
2019 Stipendium der Deutschen Akademie Rom Villa Massimo
2020 Kunstpreis der Stadt Wolfsburg „Junge Stadt sieht Junge Kunst“
Jury 2004
Dr. Hans-Jürgen Schwalm, Kunsthalle Recklinghausen
Dr. Uwe Rüth, Skulpturenmuseum Glaskasten Marl
Jörg Loskill, Kulturredakteur WAZ Essen
Dr. Rüdiger Fenne, Stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Tisa-Stiftung
Körperliche Befindlichkeiten,
Neurosen und Symptome
Die Tisa von der Schulenburg-Stiftung hat Birgit Brenner im Jahre 2004 den Tisa von der Schulenburg-Preis verliehen, einen Preis, der nicht nur in Gedenken der Arbeiten der verstorbenen Ordensfrau und Künstlerin vergeben wird, sondern darüber hinaus das Hauptmotiv ihres Lebenswerkes weiterführt – die Auseinandersetzung mit Menschen in ihrer Arbeits- und Lebenswelt. Schwester Paula – wie sie sich im Orden nannte – hat menschliche Leidensformen, Unterdrückung und Lebenskampf beobachtet und szenisch in den Mittelpunkt ihrer bildhauerischen und malerischen Auseinandersetzung eingebunden.
Die Tisa-Preisträgerin Birgit Brenner wird in Dorsten eine Thematik installieren, die sich nicht sofort und sicherlich auch nicht allen Betrachtern erschließt. Aber gerade deshalb wird sie in der Heimatstadt unserer Dorstener Schwester Paula eine Plattform finden, die sich mit ihrer künstlerischen Aussage auseinandersetzt: Die Verschiedenheit der Sichtbarmachung im Umgang mit gleichlautenden Themen ist es, die die Künstlerinnen Tisa von der Schulenburg und ihre Preisträgerin Birgit Brenner miteinander verbindet.
Text: Lambert Lütkenhorst
„Liebling geht es Dir gut?“
„Roman in großer Schrift“ ©2005
Semantik der Krise
Die Künstlerin hat eine ganz eigene Bildsprache entwickelt, die sich nicht auf ein Medium beschränkt. Anhand alltäglicher Situationen thematisiert Birgit Brenner in Szenen oder inneren Dialogen der Protagonisten allzu vertraute gesellschaftliche Ängste. So entstehen raumgreifende Installationen inszeniert aus Fotografien, Pappe, Holz und Texten, aber auch intime Zeichnungen oder Videoprojektionen. In der Gegenüberstellung von analogen und digitalen Sehmustern, von Perfektion und Do-it-yourself, von realem Leben und künstlicher Konstruktion formuliert sie Kommentare und Fragen zu aktuell virulenten Themen.
Dass der Alltag, den sie in der künstlerischen Miniatur des Psychodramas konzentriert, ebenso erfunden wie gefunden ist, versteht sich von selbst.
Alltagsinstallationen des Psychodramas
Birgit Brenner beschäftigt sich in ihren Installationen, Videos und Zeichnungen mit gesellschaftlichen und privaten Zuständen und der Eintönigkeit des Alltags. Ihre gesellschaftsskritischen Arbeiten kreisen um die Themen Ungerechtigkeit, Zwang, Scheitern, Glücksversprechen, Überwachung, Einsamkeit und Angst. Diese Universalthemen verdichtet sie in einfachen Bildern, um eine große Welt zu fassen zu bekommen.
Birgit Brenners Alltag ist der Death & Desaster-Alltag von Andy Warhol und der frühen Pop-Art. Denn dort, wo die Ereignisse – oder im Brennerschen Sinne die Gedanken und Selbstgespräche – aus dem Ruder laufen, werden sie künstlerisch relevant. Denn nur dort, wo die Ereignisse und Gedanken aus dem Ruder laufen, wo sie krude werden, schlagzeilenträchtig und melodramatisch, zum Unfall im weitesten Sinne, verdichten sie sich zu jener spröden und geradezu idiotischen Präzision, die sich dem dokumentarischen oder soziologischen Zugriff entzieht. Und damit fordern sie einfach den Versuch heraus, ihrer im ästhetischen Zugriff habhaft zu werden.
Text: Brigitte Werneburg
„Semantik der Krise“ © 2009 db – artmag