Tisa-Preis 2007

Karin Felbermayr

 

Karin Felbermayr, heute auch „Capitana F“, wurde 1976 in München geboren. Die Künstlerin studierte in München, Budapest und Wien. Sie erlangte auch noch den Gesellenbrief als Holzbildhauerin und schloss ihr Studium mit Diplom und Magister in der Bildenden Kunst ab. Die Hölderlin-Stipendiatin lebte von 2006 bis 2019 in Berlin und wurde mit dem Deutschen Studienpreis der Körber-Siftung ausgezeichnet. Seit 2020 lebt und arbeitet die Künstlerin in Wien.

Am 6. Juni 2007 erging die Bewerbung um den Tisa von der Schulenburg-Preis. Die Jury entschied sich Ende August 2007 bei 170 Mitbewerbern mit einstimmigem Votum für Karin Felbermayr.

Tisa-Preis 2007

04. Preisträgerin

 

Karin Felbermayr

1976  geboren in München

 

1998 – 2003 Akademie der Bildenden Künste München bei Olaf Metzel

 

1999 New York – Reisestipendium, Marschalk-von-Ostheim’sche Stiftung

 

2000 Welde Kunstpreis, Schwetzingen

 

2001 – 2005 Stipendium der Studienstiftung des deutschen Volkes

 

2002 Ungarische Universität der Bildenden Künste, Budapest, Intermedia Department, János Sugár

 

2002 Deutscher Studienpreis, Bodycheck, Körber Stiftung, Auslandsstipendium der Studienstiftung des deutschen Volkes für Budapest, ERASMUS / SOKRATES für Budapest

 

2003 – 2005 Akademie der bildenden Künste Wien, Diplom bei Heimo Zobernig

 

2003/04 Hölderlin, Stipendium für das akademische Jahr in Österreich

 

2007 Kunstpreis, Tisa von der Schulenburg-Stiftung

 

2013 CCA Andratx – Artist in Residence Stipendium, Andratx, Mallorca, Spanien

 

2017  Jury Selection, Art Division, 20. Japan Media Arts Festival

 

2019 Shortlist, 2019 China Guanlan International Print Bienniale

 

 

 

Jury 2007

 

Dr. Uwe Rüth, Skulpturenmuseum Glaskasten Marl

 

Dr. Sabine Maria Schmidt, Stiftung Wilhelm Lehmbruck Museum Duisburg

 

Marion Taube, freiberufliche Kunsthistorikerin

 

Jörg Loskill, Kulturredakteur WAZ Essen

 

Dr. Rüdiger Fenne, Stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Tisa-Stiftung

Gender Studies in Yin & Yang

 

Die großformatigen Tuschearbeiten im helllichten Teil der Ausstellung verhalten sich zur Rauminstallation wie einzelne bildnerische Konzentrate. Körper im Kontext. In der harten Perspektivverkürzung und Überzeichnung der Proportionen erscheinen Karin Felbermayrs androgyne Körperkämpfer wie Luftwesen, losgelöst aus Raum und Zeit. Aus dem Nichts kommend und im Hier und Jetzt, in der Dynamik der Bewegung gefangen.

 

Deckengemälde könnten diese Zeichnungen sein, auf den Betrachter zu stürmend und dennoch in Distanz verharrend. Ein Spiel der figurativen Elemente, der Linien und Flächen, Schwarz-Weiß, Yin/Yang, Licht und Schatten, ein in sich selbst geschlossenes System suchend. Da greifen die Hände zum Fuß, die Finger berühren die Zehen wie eine Klaviatur, verhaltener Schlussakkord, mit lauerndem Blick, die Körperspannung gebannt in die schwarze Haut der Ganzkörpermaske.

„mask_104″ – Ausstellung „Performative Elements“

©2007 Dorsten & ©2008 RWE-Tower Dortmund

In diesem Tarnanzug des Lebens bewegen sich Felbermayrs Menschwesen. Gefangen im Netz der Geschlechterbezüge. Ja, es geht ihr in ihren „gender studies“ um das, was wir als männliche oder weibliche Wesen verkörpern, was uns signifikant macht, unterscheidbar, oder eben nicht identifizierbar.

 

Wer sich erhofft, in Felbermayrs Tuschearbeiten oder Installationen ablesbare Erklärungen des gesellschaftlichen status quo zu finden, wird keine finden. Bei Karin Felbermayr sind alle Antworten nur Fragen. In ihrer Arbeit ist sie eine Exibitionistin des Ungesagten, und wer genau hinschaut, erkennt: in ihren Verhüllungen, ihren „masquerades“, sind wir alle nichts als unbarmherzig nackt, Stereotypen eines uralten Themas.

 

„Performative Elements“ bietet keine Kunst, die sich vor uns augenfällig entblättert, und zeigt sie auch noch so viel verkleidete Haut. In ihrer Geschlechteraufstellung bleiben wir Gefangene unserer selbst. Aber kein Grund zur Depression, bei Karin Felbermayr liegt in der Wahrnehmung der eigenen Beklemmung überhaupt die einzige Chance zur Erkenntnis.

 

Text: Marion Taube, Laudatorin